Merz will neue Rentenpflicht – was jetzt auf Arbeitnehmer und Sparer zukommt

Merz will neue Rentenpflicht – was jetzt auf Arbeitnehmer und Sparer zukommt

Berlin rechnet neu, Unternehmen schauen auf die Lohnnebenkosten, Beschäftigte auf ihr Konto. Es geht an die Substanz.

Im ARD-Gespräch hat Kanzler Friedrich Merz angedeutet, dass künftig ein größerer Anteil des Einkommens in Rente, Gesundheit und Pflege fließt. Parallel bringt er eine Pflicht zur kapitalgedeckten Vorsorge ins Spiel. Das verändert Erwartungen – bei Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Millionen Sparern.

Was Merz vorschlägt

Merz stellt nicht zwingend höhere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Aussicht, sondern eine neue Pflicht in eine kapitalgedeckte Säule. Das wäre ein Systemwechsel: Neben der Umlage gäbe es einen verbindlichen, investiven Baustein. Ziel: Demografie abfedern, Rentenniveau stabilisieren, Kapitalmarkt stärker nutzen.

Pflichtbeiträge in eine kapitalgedeckte Säule könnten den Nettolohn heute drücken – und die spätere Rente robuster machen.

Offen bleibt, wie strikt diese Pflicht ausfallen soll. Denkbar sind zwei Varianten: eine echte Pflicht ohne Ausstieg oder ein automatischer Beitritt mit Opt-out, wie in Großbritannien. Beides erhöht die private Vorsorgequote deutlich. Entscheidend werden Gebühren, Standardprodukte und die Frage, ob Arbeitgeber mitzahlen.

Wer wäre betroffen?

Betroffen wären voraussichtlich alle Beschäftigten. Für Selbstständige steht seit Jahren eine Vorsorgepflicht im Raum; eine Zusammenführung beider Debatten liegt nahe. Geringverdiener bräuchten Entlastungen, etwa Zuschüsse oder gleitende Beiträge, damit die Pflicht nicht zur Last auf dem Monatsende wird.

Wie könnte das organisiert werden?

  • Standardfonds mit Lebenszyklus-Steuerung (mehr Aktien in jungen Jahren, mehr Anleihen zum Rentenbeginn)
  • Staatlich regulierter Sammelfonds oder Auswahl zertifizierter Anbieter mit Kostendeckel
  • Automatische Erhöhung der Sparrate bei Lohnerhöhungen (“Save More Tomorrow”)
  • Steuerliche Förderung, z. B. Abzug als Vorsorgeaufwand

Demografie setzt die Rahmenbedingungen

Parallel skizzieren Ökonominnen und Ökonomen Maßnahmen auf der gesetzlichen Seite: Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung, Abbau der abschlagsfreien „Rente mit 63“, Rückkehr zu dämpfenden Faktoren in der Rentenformel. Das heißt realistischerweise: Länger arbeiten, geringere Dynamik bei Bestandsrenten.

Steigt das Rentenalter und bremst die Rentenformel, wächst die private Vorsorgelücke – ohne eigenes Sparen wird sie sichtbar.

Was sich ändern könnte – auf einen Blick

Bereich Status quo Diskutierte Maßnahme Effekt heute Effekt später
Pflichtvorsorge Keine allgemeine Pflicht zur Kapitaldeckung Verbindlicher Beitrag in Fonds/Anleihen Weniger Netto je nach Beitragssatz Höhere Zusatzrente, Marktrisiko
Rentenalter Regelaltersgrenze steigt auf 67 Kopplung an Lebenserwartung Längere Erwerbsphase Mehr Beitragsjahre, spätere Rente
Rentenformel Dämpfung ausgesetzt Nachhaltigkeitsfaktor wieder aktiv Entlastung der Kassen Langsamere Rentensteigerungen
Betriebliche AV Freiwillig, gefördert Stärkere Nutzung/Auto-Enrollment Teils Arbeitgeberzuschuss Zusätzliche Betriebsrente

Was Beschäftigte und Sparer jetzt tun können

Unabhängig vom Gesetzgebungsfahrplan lässt sich die eigene Vorsorge strukturieren. Viele Deutsche halten riesige Summen auf Giro-, Spar- und Tagesgeldkonten. Das schützt Liquidität, bringt aber wenig Rendite. Produktivkapital ergänzt den Sicherheitsteil.

  • Quote festlegen: z. B. 10–20 Prozent des Nettoeinkommens für die Altersvorsorge, dynamisch mit jeder Gehaltserhöhung.
  • Notgroschen zuerst: drei bis sechs Nettogehälter auf Tagesgeld, der Rest darf arbeiten.
  • Breit streuen: Weltweite Aktienfonds kombiniert mit Anleihen senken Einzelrisiken.
  • Kosten drücken: Auf niedrige Gesamtkostenquote achten.
  • Automatisieren: Monatlichen Sparplan einrichten, Timing-Fehler vermeiden.
  • Zeithorizont definieren: Ab zehn Jahren steigt die Chance auf positive Aktienrenditen deutlich.
  • Steuercheck: Freibeträge nutzen, betriebliche Angebote prüfen, Förderung mitnehmen.

Beispiel, das den Unterschied macht

Wer 100 Euro im Monat 30 Jahre lang spart, zahlt 36.000 Euro ein. Je nach Rendite klaffen die Ergebnisse auseinander:

  • Tages-/Sparzins 1,3 Prozent p. a.: etwa 44.000 Euro Endvermögen
  • Gemischtes Portfolio 5 Prozent p. a.: etwa 83.000 Euro
  • Aktienlastig 7 Prozent p. a.: etwa 139.000 Euro

Das sind Näherungswerte. Sie zeigen: Der Zinseszins arbeitet leise, aber hartnäckig. Wer früher startet, profitiert stärker. In schwachen Börsenphasen helfen konstante Raten, günstig nachzukaufen.

Risiken managen, ohne die Rendite zu verschenken

Aktienmärkte schwanken. Deshalb lohnt eine einfache Regel: Je näher der Ruhestand, desto mehr Sicherheitsbausteine beimischen. Viele Standardkonzepte steuern das automatisch. Zusätzlich hilft Rebalancing einmal pro Jahr, also das Zurücksetzen auf die eigene Zielaufteilung.

Sequenzrisiken – starke Kursrückgänge kurz vor Rentenbeginn – lassen sich mit einem Gleitpfad mildern: Ab zehn, besser sieben Jahren vor dem Ausstieg den Aktienanteil schrittweise reduzieren. Wer flexibel bleibt, kann den Renteneintritt etwas verschieben und Verluste aussitzen.

Was rechtlich noch geklärt werden muss

Bei einer neuen Pflichtvorsorge stellen sich handfeste Detailfragen. Wer verwaltet die Beiträge? Kommt ein staatlich organisierter Standardfonds oder eine Auswahl privater Anbieter mit strengen Kostengrenzen? Zahlt der Arbeitgeber mit? Und wie werden Geringverdiener entlastet, ohne die Wirkung zu verwässern?

Erfahrungen aus anderen Ländern geben Hinweise. Schweden zeigt, wie ein günstiger Staatsfonds Breite erreicht. Großbritannien nutzt automatischen Beitritt mit der Möglichkeit, auszusteigen. Deutschland wird ein eigenes Modell bauen müssen, das mit der betrieblichen Altersversorgung zusammenspielt und Doppelstrukturen vermeidet.

Wer jetzt beginnt, behält die Initiative. Politische Details ändern viel – der Zinseszins wartet auf niemanden.

Kurze Rechenhilfe für den Geldbeutel

Nehmen wir eine beispielhafte Pflicht von 2 Prozent des Bruttolohns: Bei 3.800 Euro brutto wären das 76 Euro monatlich. Trägt der Arbeitgeber 1 Prozent bei, halbiert sich die eigene Belastung. Werden die Beiträge als Vorsorgeaufwand steuerlich begünstigt, sinkt die Nettobelastung weiter. Fließen diese 76 Euro 30 Jahre lang zu 5 Prozent Rendite, ergibt das näherungsweise rund 63.000 Euro Zusatzpolster.

Was noch zu beachten ist

Wer Schulden mit hohen Zinsen hat, sollte zuerst tilgen. Danach zählt Konsistenz. Wer unsicher ist, beginnt klein, erhöht die Rate jedes Jahr um ein paar Prozent. Und wer bereits eine Betriebsrente hat, prüft, ob zusätzliche freie Beiträge möglich sind. Damit wird aus der politischen Debatte ein persönlicher Plan – Monat für Monat, Baustein für Baustein.

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