Viele hoffen auf weniger Papier, faire Kosten und spürbare Rendite. Der Druck wächst.
Die Koalition hat überraschend Tempo aufgenommen. In Berlin formiert sich ein Plan, der die Riester-Ära ablösen und Millionen Erwerbstätige erreichen soll.
Politische Lage und Zeitplan
Die Regierung will 2025 den Nachfolger der Riester-Rente im Kabinett beschließen. Das Projekt stand lange auf Warteschleife. Nun soll es schnell gehen.
Nachfolge-Riester soll 2025 beschlossen werden – als Teil der Rentenreform und über die Zielgruppe der Volljährigen.
Aus dem Finanzministerium wird ein zügiger Entwurf erwartet. Die Vorarbeit liegt auf dem Tisch: In der letzten Legislatur entwarf das Haus von Christian Lindner ein „Altersvorsorgedepot“. Die Idee: langfristig investieren, breit gestreut, mit staatlicher Förderung und Steuererleichterungen in der Ansparphase. Garantien sollten entfallen, um Rendite zu ermöglichen.
Die Branche signalisiert Zustimmung. Der Fondsverband BVI sieht Chancen, die Rentenlücke für Menschen zwischen 18 und 66 Jahren zu verringern. Auch Neobroker loben die Depot-Lösung – wenn Kosten und Ablauf schlank bleiben. Verbraucherschützer fordern vor allem eines: Einfachheit. Das Portal Finanztip plädiert für ein gefördertes Depot ohne Papierhürden, ohne Einkommensprüfung und unabhängig vom Startalter.
Wie das neue Altersvorsorgedepot funktionieren könnte
Kernprinzipien
- Breite Anlage am Kapitalmarkt, bevorzugt über günstige Indexfonds (ETFs).
- Staatliche Förderung über Zulagen und/oder Steuerabzug in der Ansparphase.
- Keine Beitragsgarantie, dafür höhere Aktienquote und Zeit für Markterträge.
- Digitale Eröffnung, Standardprodukt („Default“) ohne komplizierte Auswahl.
- Kostendach, damit Gebühren die Rendite nicht auffressen.
- Klare Auszahlungsregeln: lebenslange Rente, Teilkapital, oder Mischform.
Weniger Komplexität, mehr Netto-Rendite: Ein einfaches Standardprodukt kann Hürden senken und Reichweite schaffen.
Unterschiede zur Riester-Rente
| Merkmal | Riester-Rente | Neues Depot (geplant) |
|---|---|---|
| Beitragsgarantie | 100% Garantie bremst Aktienanteil | Keine Garantie, höhere Renditechancen |
| Anlage | Oft teuer, defensiv | Breit gestreute ETFs als Standard |
| Förderung | Zulagen, Sonderausgabenabzug | Zulagen/Steuerförderung in Ansparphase |
| Komplexität | Viele Tarife, viel Papier | Digital, einfach, Default-Option |
| Kosten | Häufig hohe Abschlusskosten | Kostendach angestrebt |
| Auszahlung | Überwiegend Verrentung | Flexible Optionen im Gespräch |
Reaktionen aus Branche und Verbraucherschutz
Verbände und Anbieter wittern Rückenwind. Sie verweisen auf 50 Millionen potenziell Anspruchsberechtigte im Erwerbsalter. Die Perspektive: eine einfachere Lösung, die die private Säule stärkt. Verbraucherschützer mahnen Transparenz an. Sie verlangen verständliche Standardunterlagen, glasklare Kostenangaben und die Möglichkeit, ohne Beratungspflicht digital zu starten. Die alte Riester-Kritik wirkt nach: Viele sprachen von Intransparenz, hohen Kosten und geringen Erträgen in Nullzinsjahren.
Der Erfolg steht und fällt mit Gebühren, Standardisierung und einem automatischen, sinnvollen Fonds-Mix.
Offene Fragen
- Förderlogik: Pauschale Zulage pro Jahr? Prozentualer Zuschuss? Steuerabzug mit Höchstbetrag?
- Kostenkappung: Harte Deckelung oder gestaffelte Obergrenze nach Depotgröße?
- Default-Fonds: Ein globaler ETF? Oder Lebenszyklus-Strategie mit gleitender Risikoabsenkung?
- Auszahlphase: Pflicht zur Teilverrentung? Flexibler Kapitalzugriff? Schutz vor Langlebigkeitsrisiko?
- Sozialrecht: Anrechnung auf Grundsicherung? Freibeträge wie bei betrieblicher Rente?
- Portabilität: Anbieterwechsel ohne Verlust der Förderung? Standardisierte Datenschnittstellen?
- Nachhaltigkeit: ESG-Option als wählbarer Pfad oder als Default?
Was bedeutet das für Sparerinnen und Sparer
Wer heute privat vorsorgt, achtet vor allem auf Kosten und Disziplin. Ein gefördertes Depot senkt die Hürde. Der Staat gibt Rückenwind, der Markt liefert Rendite – mit Schwankungen. Zeit ist der wichtigste Hebel.
Beispielrechnung
Angenommen, 100 Euro monatlich fließen in ein gefördertes Depot. Laufzeit 35 Jahre. Durchschnittliche jährliche Rendite nach Kosten: Szenario A 3%, Szenario B 5% (beides nominal, ohne Steuern).
- Szenario A (3%): rund 78.000 Euro Endvermögen.
- Szenario B (5%): rund 113.000 Euro Endvermögen.
Zulagen oder Steuervorteile erhöhen die Summe. Die genaue Wirkung hängt vom künftigen Fördermodell ab. Schwankungen gehören dazu: In schlechten Jahren sinkt der Depotwert. Ein langer Atem und ein guter Default dämpfen das Risiko.
Risiken und Dämpfer
- Marktrisiko: Kurseinbrüche treffen das Depot, vor allem kurz vor Rentenbeginn.
- Sequenzrisiko: Schwache Anfangsjahre schmälern den Zinseszinseffekt.
- Kostenrisiko: Jede Zehntelgebühr mindert die Endsumme spürbar.
- Verhaltensrisiko: Falsches Timing, Panikverkäufe, zu späte Umschichtung.
Ein Lebenszyklus-Ansatz hilft. Die Aktienquote sinkt ab einem definierten Alter schrittweise. So verringert sich das Absturzrisiko kurz vor der Auszahlung. Ein Kostendach und ein Standard-ETF-Paket halten die Gebühren niedrig.
Was jetzt sinnvoll ist
- Notgroschen sichern: Drei bis sechs Monatsausgaben auf Tagesgeld parken.
- Bestehende Riester-Verträge prüfen: Kosten, Garantien, Renditehistorie, Flexibilität. Ein Wechsel will gut begründet sein.
- Disziplin trainieren: Dauerauftrag für regelmäßiges Sparen festlegen.
- Risikoprofil klären: Welcher Aktienanteil passt? Wie viel Schwankung ist tragbar?
- Steueraspekt im Blick behalten: Förderungen wirken erst netto. Spätere Besteuerung der Rente prüfen.
Zusätzliche Hintergründe und nützliche Hinweise
Frühstart-Rente für Kinder bleibt ein paralleles Vorhaben. Familien könnten somit zweigleisig sparen: frühzeitig fürs Kind, zusätzlich für die eigene Rente. Das erhöht die Gesamtresilienz im Alter. Wer beide Wege nutzt, sollte die Förderlogik koordinieren.
Ein Rechenkniff hilft bei der Planung: Jede Gebühr von 0,5 Prozentpunkten kann über Jahrzehnte mehrere Tausend Euro kosten. Ein ETF-Default mit Gesamtkosten unter 0,3 Prozent pro Jahr wirkt daher stark. Bei 200 Euro monatlich und 35 Jahren senkt eine um 0,5 Punkte höhere Gebühr das Endvermögen schnell um fünfstellige Beträge.
Die neue Förderung entfaltet Wirkung, wenn sie drei Dinge liefert: niedrige Kosten, klare Standards, einfache Nutzung.
Wer unsicher ist, nutzt eine einfache Daumenregel. Je länger die Laufzeit, desto höher darf die Aktienquote ausfallen. Kurz vor Rentenbeginn lohnt ein schrittweiser Risikoabbau. Ein automatischer Glidepath im Standardprodukt kann diesen Prozess übernehmen und Fehlentscheidungen vermeiden.
Spannend bleibt die Verzahnung mit der gesetzlichen und der betrieblichen Rente. Ein gefördertes Depot ergänzt beide Säulen. Es ersetzt sie nicht. Wer einen guten Betriebsrenten-Zuschuss vom Arbeitgeber erhält, prüft zuerst diese Schiene. Das geplante Depot kann die Lücken schließen, die andere Produkte lassen.







