Deutscher Getränkehersteller rutscht in die Insolvenz: Betrieb eingestellt

Deutscher Getränkehersteller rutscht in die Insolvenz: Betrieb eingestellt

In NRW erwischt es nun einen regionalen Safthersteller – mit spürbaren Folgen für Region und Handel.

Die Verwerfungen auf dem Rohwarenmarkt erreichen die Getränkeindustrie mit voller Wucht. Ein traditionsbewusstes Unternehmen aus Bad Sassendorf zieht jetzt die Notbremse und stoppt die Produktion, während ein Neustart geprüft wird.

Was passiert ist

Für Fruchtwerk Milke, seit Jahren im regionalen Handel präsent, war die Versorgung mit Obst und Konzentraten die Lebensader. Der Hauptzulieferer blieb über Monate aus. Ersatz gab es nur zu Preisen, die den Betrieb wirtschaftlich ausgehöhlt hätten. Das Amtsgericht Arnsberg eröffnete Mitte September das Insolvenzverfahren und bestellte Rechtsanwalt Reinhard Brömmelmeier aus Dortmund zum vorläufigen Verwalter. Der Betrieb ruht.

Produktion gestoppt, Verfahren eröffnet: 16 Beschäftigte sind betroffen. Der vorläufige Insolvenzverwalter steuert alle finanziellen Entscheidungen.

Die Firma meldete Insolvenz, weil die fehlenden Rohwaren den Kern des Geschäfts trafen: Saftpressen, Abfüllen, Ausliefern. Transporte aus anderen Regionen hätten die Marge verschlungen. In Zeiten hoher Energiepreise und knapper Logistik ist das keine Seltenheit. Besonders regionale Hersteller, die auf kurze Wege setzen, geraten in solch einem Szenario unter Druck.

Konkrete Folgen für Beschäftigte und Standort

In Bad Sassendorf trifft die Entwicklung eine kleine Belegschaft: 14 Vollzeitkräfte, zwei Teilzeitkräfte. Für drei Monate greift Insolvenzgeld. Danach hängt viel davon ab, ob ein tragfähiges Konzept gefunden und finanziert wird. Ohne belastbare Rohstoffzufuhr bleibt eine Wiederaufnahme riskant.

Drei Monate Insolvenzgeld sichern das Einkommen kurzfristig. Die Perspektive entscheidet sich an Lieferverträgen, Energie- und Transportkosten.

Wer ist Fruchtwerk Milke

  • Gründung im Jahr 2014, seit 2015 am Standort Bad Sassendorf aktiv.
  • Jährliche Verarbeitung von rund 1.000 Tonnen Obst, vor allem Äpfel und regionale Früchte.
  • Belieferung vor allem von Supermärkten in Nordrhein‑Westfalen.
  • Engagement für Streuobstwiesen: regelmäßige Apfelbaumspenden für lokale Bestände.

Wichtige Daten auf einen Blick

Punkt Angabe
Gericht Amtsgericht Arnsberg
Verfahrensstatus Vorläufige Insolvenz in Eigenverwaltung nicht genannt, Verwalter eingesetzt
Beschäftigte 16 (14 Vollzeit, 2 Teilzeit)
Produktion Betrieb eingestellt
Potenzial Neustart mit Mosterei als eigenständigem Bereich wird geprüft

Warum die Rohware ausblieb

Die Obst- und Saftbranche erlebt gerade ein enges Nadelöhr. Wetterextreme verknappen Ernten und verschieben Erntefenster. Energiekosten treiben das Pressen, Pasteurisieren und Lagern. Glas und Karton verteuern die Abfüllung. Speditionen kalkulieren Zuschläge. Wenn dann ein Hauptlieferant ausfällt, schlägt die Kette an mehreren Gliedern zu. Ein kleiner Betrieb kann das kaum überbrücken.

Große Hersteller können mit Vorräten, Kontrakten und Finanzpolstern reagieren. Mittelständler arbeiten oft saisonal, vorfinanziert und margensensibel. Ein Ausfall über mehrere Monate zerrt die Liquidität leer. Genau diese Mischung zeigt sich hier: fehlende Rohware, teure Alternativen, rückläufige Absatzimpulse in einem preissensiblen Konsummarkt.

Wie ein Neustart gelingen könnte

Das Unternehmen signalisiert vorsichtigen Optimismus. Eine fokussierte Mosterei könnte funktionieren, wenn die Rohstoffseite stabil wird. Dafür braucht es verlässliche Obstzufuhren aus der Region und Verträge mit Erzeugern. Eine saisonale Produktion mit Direktvermarktung oder Lohnmost kann die Fixkosten senken und Liquidität sichern.

Mögliche Bausteine für ein tragfähiges Konzept

  • Langfristige Liefervereinbarungen mit Obstbauern im Umkreis von 100 Kilometern.
  • Mehr Lohnmost für private Anlieferer und Vereine; Einnahmen ohne Rohwareinkauf.
  • Kleine, margenstarke Chargen wie sortenreine Säfte oder Streuobst-Cuvées.
  • Verkauf ab Hof, Wochenmärkte, Abo-Kisten; weniger Abhängigkeit vom LEH.
  • Energie sparen: Wärmerückgewinnung an Pasteuren, Lastverschiebung in Schwachlastzeiten.
  • Finanzierung über regionale Investoren oder Bürgerbeteiligung, gekoppelt an Ernteanteile.

Risiken und Hürden

Der Markt bleibt angespannt. Verpackungspreise normalisieren sich nur langsam. Saisonale Schwankungen belasten den Cashflow. Der Handel fordert Lieferfähigkeit, Werbeaktionen, Rücknahmen. Ohne eine solide Vorfinanzierung kann eine neue Runde schnell scheitern. Auch Personalbindung wird zum Thema, wenn Beschäftigte abwandern.

Was das für Kundinnen und Kunden bedeutet

Regalplätze in NRW könnten sich kurzfristig ändern. Einzelhändler ersetzen nicht lieferbare Artikel. Wer bestimmte Säfte von Fruchtwerk Milke schätzt, findet ähnliche Produkte meist regional. Bei Pfandflaschen gilt generell: Leergut entweder im Markt mit kompatiblem System abgeben oder direkt am ehemaligen Verkaufsort erfragen, wie die Rückgabe organisiert wird.

Einordnung der Insolvenz in Deutschland

Das vorläufige Verfahren stabilisiert die Lage. Der Verwalter prüft Verträge, Vermögen, offene Forderungen. Zahlungen laufen nur mit Zustimmung. Ziel ist die bestmögliche Gläubigerbefriedigung. Parallel bewertet das Management, ob ein Insolvenzplan oder ein Verkauf Sinn ergibt. Kommt es zu einem Investor, kann der Standort erhalten bleiben. Ohne tragfähige Rohstoffbasis kippt die Rechnung.

Praktische Hinweise für Betroffene und Partner

  • Beschäftigte: Anspruch auf Insolvenzgeld für maximal drei Monate, Antrag fristgerecht bei der Agentur für Arbeit stellen.
  • Lieferanten: Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden, Eigentumsvorbehalte dokumentieren.
  • Händler: Lagerbestände prüfen, Restposten kennzeichnen, Alternativen listen.
  • Vereine/Mostkunden: Nachfragen, ob Lohnmost-Termine im Herbst stattfinden oder verschoben werden.

Blick über den Tellerrand: was regionale Saftbetriebe stabil hält

Wer heute Säfte wirtschaftlich herstellt, setzt auf Nähe. Kurze Wege mindern Transportkosten und senken Ausfallrisiken. Mehrere kleinere Lieferanten verteilen das Risiko. Eine flexible Abfüllung für Drittmarken kann Auslastung bringen. Viele Betriebe fahren gut mit einer Mix-Strategie: ein Teil LEH, ein Teil Direktverkauf, ein Teil Lohnverarbeitung. So puffern sie Preisschocks ab.

Rechenbeispiel zur Lieferantenwahl

Angenommen, der lokale Apfellieferant fällt aus. Ein Ersatz liefert 200 Kilometer entfernt, verlangt 12 Prozent mehr pro Tonne, plus höhere Fracht. Wenn die Bruttomarge pro Liter bei unter 15 Prozent liegt, kippt das Geschäft ab einer bestimmten Entfernung. Wer die Transportkosten pro Tonne und die Ausbeute pro Tonne Obst kennt, kann ablesen, ob die Charge noch trägt. Diese nüchterne Kalkulation entscheidet in der Praxis über Ja oder Nein zu einer Lieferung.

Für Fruchtwerk Milke zählt jetzt, ob sich eine verlässliche Rohstoffkette schnüren lässt. Gelingt das, hat eine konzentrierte Mosterei mit starkem Regionalprofil Chancen. Bleiben Verfügbarkeit und Energiepreise wackelig, bleibt das Risiko hoch. Die nächste Erntesaison wird zur Bewährungsprobe.

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