Auf Deutschlands Wasserstraßen steigt der Freizeitverkehr spürbar. Viele fragen sich jetzt: Was ändert sich bei Ausbildung, Nachweisen und Pflichten?
Die geplante Sportschifffahrtsverordnung ordnet das Führerscheinwesen neu. Sie setzt auf schlanke Verfahren, klare Standards und weniger Bürokratie – mit Blick auf Sicherheit und Praxis.
Neues grundgerüst für sportbootführerscheine
Kern des Pakets: Der bisherige amtliche Sportbootführerschein soll durch anerkannte Befähigungsnachweise aus den Verbänden ersetzt werden. Diese „Verbandsscheine“ dokumentieren Können und Wissen, basieren auf festgelegten Lehr- und Prüfungsinhalten und werden regelmäßig kontrolliert.
Verbandsscheine gelten künftig als offizieller Befähigungsnachweis – Inhalt und Qualität werden standardisiert und überprüft.
Damit endet das alte Beleihungsmodell. Verfahren werden einfacher, Wartezeiten kürzer, die Wege klarer. Ausbildung bleibt verpflichtend solide. Prüfungsinhalte und -formate werden einheitlich definiert, unabhängig davon, welcher Verband ausstellt.
Was ändert sich konkret
- Verbandsscheine ersetzen den amtlichen Sportbootführerschein als Befähigungsnachweis.
- Die separate Fahrerlaubnispflicht fürs Segeln in Berlin entfällt.
- Segelboote mit Motor bleiben ab einer gewissen Motorleistung führerscheinpflichtig.
- Der Verbandsschein fungiert zugleich als International Certificate of Competence (ICC).
- Die Sonderregel für Elektroantriebe wird gestrichen.
- Führerscheinpflicht gilt wieder einheitlich ab mehr als 11,03 kW Leistung (entspricht 15 PS), unabhängig vom Antrieb.
- Länder- und Verbändeanhörung läuft bis 14. November 2025; Start der Verordnung zur Saison 2026 angestrebt.
- Die wesentlichen Umstellungen im Führerscheinwesen greifen nach Übergangsfrist zum 1. Januar 2028.
Segeln in berlin: ein sonderweg verschwindet
Auf Berliner Gewässern brauchte man zum Segeln bislang eine gesonderte Fahrerlaubnis. Diese Regel stammt aus vergangenen Zeiten und wird nun kassiert. Ziel ist eine einheitliche Behandlung aller See- und Binnenschifffahrtsstraßen in Deutschland.
Wichtig bleibt die Abgrenzung: Segelboote mit Motor fallen weiterhin unter die Führerscheinpflicht, sobald die Motorleistung die Schwelle überschreitet. Wer also eine Jolle mit Außenborder nutzt, prüft künftig genau die ausgewiesene Leistung.
Einheit statt Flickenteppich: Segeln in Berlin wird rechtlich an den Rest der Bundeswasserstraßen angeglichen.
Motorleistung: eine klare schwelle für alle antriebe
Der Gesetzgeber kehrt zur klaren Leistungsschwelle zurück. Maßstab ist nicht mehr die Antriebsart, sondern ausschließlich die Leistung. E-Boote werden also genau so bewertet wie Verbrenner oder Hybridlösungen.
Das bringt Planbarkeit. Wer ein Boot kauft, chartert oder mietet, schaut künftig nur noch auf die kW-Angabe. Liegt sie über 11,03 kW, braucht man den passenden Befähigungsnachweis. Das senkt Missverständnisse und grenzt Grauzonen ein.
International unterwegs: icc wird einfacher
Der Verbandsschein soll gleichzeitig als ICC gelten. Das hilft, wenn man im Ausland chartern möchte, wo Charterfirmen fast immer einen international anerkannten Nachweis verlangen. Neu ist auch: Selbst wenn in Deutschland keine Führerscheinpflicht besteht, können Seglerinnen und Segler für ihr Boot einen anerkannten Verbandsschein als internationale Fahrerlaubnis beantragen.
Ein Dokument, zwei Welten: Verbandsschein und ICC in einem – praktisch für Charter und grenzüberschreitende Törns.
Zeitplan und verfahren
Die Länder- und Verbändeanhörung läuft bis Mitte November 2025. Das Bundesverkehrsministerium peilt einen Abschluss des Rechtsetzungsverfahrens noch im selben Jahr an. Damit könnten die neuen Regeln zu Beginn der Sportbootsaison 2026 in Kraft treten. Die umfassenden Änderungen beim Führerscheinwesen greifen nach einer Übergangsfrist ab 1. Januar 2028.
| Datum | Schritt |
|---|---|
| Bis 14.11.2025 | Anhörung von Ländern und Verbänden |
| Ende 2025 | Abschluss des Rechtsetzungsverfahrens angestrebt |
| Saison 2026 | Inkrafttreten der Verordnung geplant |
| 01.01.2028 | Anwendung der neuen Führerscheinstruktur nach Übergangsfrist |
Was bedeutet das für skipperinnen und skipper im alltag
Wer neu anfängt, kann sich auf klarere Prozesse einstellen: Ausbildungsweg wählen, Verbandsschein machen, fertig. Wer bereits einen amtlichen Führerschein besitzt, achtet auf die Übergangsregelungen. Der Wechsel wird geregelt und zeitlich gestaffelt. Für Charterer im Ausland lohnt der Blick auf das ICC, das künftig direkt mit dem Verbandsschein abgedeckt ist.
Typische Szenarien zeigen den Effekt:
- Seenrunde mit einem 10-kW-E-Boot: kein Führerschein nötig, solange die Leistung unter der Schwelle bleibt.
- Wochenendtrip mit 20-PS-Motorboot: Befähigungsnachweis erforderlich, unabhängig vom Kraftstoff.
- Segeln auf Berliner Gewässern ohne Motor: keine separate Segelfahrerlaubnis mehr nötig.
- Charter in Kroatien oder den Niederlanden: Verbandsschein als ICC mitnehmen, Charterbedingungen beachten.
Chancen und grenzen des neuen systems
Die Umstellung setzt auf Verbände als zentrale Aussteller. Das kann Verfahren beschleunigen und den Zugang entkrampfen. Qualitätssicherung bleibt dabei ein Fixpunkt, weil Lernziele und Prüfungen vorgegeben und überwacht werden. Transparente Standards halten das Sicherheitsniveau hoch und sichern die Vergleichbarkeit der Nachweise.
Gleichzeitig braucht es Orientierung für Einsteiger. Wer bislang das Nebeneinander von SBF Binnen und SBF See kannte, fragt: Welche Module brauche ich künftig für mein Revier? Hier schaffen die neuen Befähigungsnachweise Klarheit über Geltungsbereiche, Manöver, Navigation und Revierkunde – zugeschnitten auf Motor, Segel oder gemischte Nutzung.
Hilfreiche tipps zur umstellung
Wer nächstes Jahr aufs Wasser möchte, plant jetzt. Prüfen Sie die Motorleistung Ihres Boots oder der Charteryacht. Klären Sie, welcher Verband in Ihrer Region ausbildet und prüft. Fragen Sie bei Charterfirmen nach, ob sie explizit ein ICC verlangen. Und behalten Sie den Zeitplan im Blick, damit Schulung und Nachweis rechtzeitig vor der Saison stehen.
Zusatzwissen für mehr sicherheit
Die Reform dreht sich um Nachweise, sie ändert nicht die Physik auf dem Wasser. Strömung, Wetter, Sicht, Vorrangregeln und das Zusammenspiel mit Berufsschifffahrt bleiben anspruchsvoll. Wer lange pausiert hat, hängt eine Auffrischung dran: Knoten, Mensch-über-Bord-Manöver, An- und Ablegen bei Seitenwind. Für Charter in Gezeitenrevieren lohnt eine kleine Rechenübung zur Tidenplanung – besser einmal zu viel gecheckt als einmal zu wenig.
Ein praktischer Ansatz ist, vor dem ersten Törn eine kurze Selbstprüfung zu machen: Kenne ich die Lichterführung bei Dämmerung? Habe ich einen Plan B für den Ausfall des Motors? Weiß ich, wie man die Crew einweist? Wer diese Fragen positiv beantwortet, steigt entspannter ins Boot. Die neuen Regeln nehmen Hürden weg – Verantwortung auf dem Wasser bleibt.








